Verabschiedung Kreishaushalt 2014

Verehrter Herr Landrat Stefan Bär,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Kreistags,

in Rottweil und in Immendingen entstehen mit dem Thyssenturm und mit dem Prüf- und Technologiezentrum von Daimler zwei Einrichtungen welche unserer Region und insbesondere unserem Landkreis große Zukunftspotentiale bringen werden.

Mit dem Weltzentrum der Medizintechnik in Tuttlingen, dem hiesigen Maschinenbau, der Drehteileindustrie und den Autozulieferern ziehen sich diese Zukunftspotentiale und diese wirtschaftliche Stärke wie eine Achse durch unseren Landkreis.

Das ist unsere Stärke und daran müssen wir uns orientieren und aufbauen. Nicht jede Gemeinde und nicht jeder Bürger wird gleichsam von dieser Entwicklung profitieren und daran teilhaben, aber die allermeisten – und wo Licht ist wird auch Schatten sein. Und genau dies ist auch das Spannungsfeld und zugleich das spannende Feld innerhalb der sich Kreistag und Landkreisverwaltung bewegen, ja in den kommenden Jahren noch viel spannungsreicher bewegen werden.

Wenn wir als wirtschaftsstarker Landkreis dieses große Zukunftspotential nutzen wollen, dann bedarf es dazu Rahmenbedingungen. Rahmenbedingungen welche vor Ort die Gemeinden, in den Betrieben die Firmen und auf überörtlicher Ebene der Landkreis zu schaffen, auszubauen und zu erhalten haben. Der hervorragende 67.Platz des Landkreises im Zukunftsatlas 2013 mit dem Prädikat „hohe Zukunftschancen“ ist für die FWV-Kreistagsfraktion Ansporn und Auftrag für ihr politisches Handeln und für den Haushalt 2014.

Trotz Vollbeschäftigung und trotz dem außerordentlich engagierten und ideenreichen Einsatz der Landkreisverwaltung, in diesem Fall des Jobcenters, wird es nicht gelingen alle arbeitsfähigen Menschen in unserem Landkreis zu beschäftigen. Und dennoch muss es unser aller Anliegen sein, so viele wie möglich aus der sozialen Hängematte auf den Boden eines eigenständigen Lebens zu bringen. Das ist weit mehr wie nur eine Frage der Kosten, sondern hier geht es auch um den sozialen Frieden in unserem Land, und das ist ein hohes Gute. Das gibt es nicht zum Nulltarif.

Es gibt keine heile Welt. Die hat es auch in der Vergangenheit nie gegeben und die wird es nie geben, weder auf dem Dorf noch in der Stadt. Die erschreckend hohen Zahlen von Kindesmißbrauch und Inobhutnahmen und die damit verbundene kontinuierliche Steigerungsrate im Jugendhilfeetat drücken dies auf traurige Art aus. Auch hier gilt, dass wir alles daran setzen müssen früh anzusetzen Hilfestellungen zu geben und hinzusehen anstatt wegzuschauen.
Seitens der FWV-Fraktion sind wir den Verantwortlichen im Landkreis dankbar, dass hier ein ganzes Paket von Mosaiksteinen, vom Projekt „Frühe Hilfen“ bis hin zum Kriseninterventionskonzept geschaffen wurde. Wir können es uns nicht nur wegen der demographischen Entwicklung nicht leisten, dass Jugendliche auf der Strecke bleiben, und es ist ein Gebot der Menschlichkeit Familien und Kindern in Not beizustehen. Das alles gibt es nicht zum Nulltarif.
Man kann dabei aber nicht auf der einen Seite diesen Projekten, auch im Hinblick auf den traurigen Fall Maja zustimmen, und anschließend beklagen, dass man dazu Personal benötigt.

Am Umgang mit den Behinderten zeigt sich wie human, christlich und menschlich oder aber wie egoistisch und kalt eine Gesellschaft ist. Ich denke unser Land kann stolz darauf sein, dass wir vieles dafür tun, damit auch Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben teilhaben dürfen, dass sie Pflege und Fürsorge genießen, und dass der Landkreis Einrichtungen für die schulische Weiterentwicklung mit hohem finanziellem Aufwand bereit hält. Auch das alles gibt es nicht zum Nulltarif.

Unser Landkreis ist – und wird in Zukunft noch viel mehr – auf die Zuwanderung von Fachkräften angewiesen sein. Unabhängig wie die LEADER-Bewerbung des Landkreises ausgehen wird, hat die bisherige Diskussion gezeigt, wie wichtig dabei in Zukunft eine Willkommenskultur im Landkreis, seinen Gemeinden und den Betrieben sein wird. Wir bitten daher die Kreisverwaltung diesen LEADER-Prozess auch dazu zu nutzen, um sich zusammen mit den Kommunen und Gewerbebetrieben Gedanken um den Aufbau einer solchen Willkommenskultur zu machen.

Zu den Rahmenbedingungen für einen Landkreis mit hohen Zukunftschancen gehört ein gut funktionierender öffentlicher Personennahverkehr. Wenn wir unsere Jugend in unseren Dörfern halten wollen, dann brauchen wir gute Verbindungen zu den Schulen und Ausbildungsstätten und wir brauchen gute Verbindungen zu den Freizeitaktivitäten der Jugendlichen. In gleicher Weise sind die älteren Mitbürger auf gute Verbindungen zum Arzt usw. angewiesen. Unser Angebot ist gut, aber sicherlich unendlich ausbaufähig.

Wir sind bereit auch hier Verbesserungen mit zu tragen. Allerdings muss jeder, der nun vor der Wahl publikumswirksam eine bessere Anbindung an Nachbarkreise fordert, nachher auch bereit sein den Preis dafür zu zahlen, und dies hat ggf. eben auch Auswirkungen auf die Kreisumlage. Und wenn man beispielswiese von Irndorf eine noch bessere Anbindung an den Öffentlichen Personennahverkehr fordert aber gleichzeitig gegen die Kreisumlage wettert, dann passt dies halt hinten und vorne nicht zusammen. Auch hier gilt, dass es nichts zum Nulltarif geben wird.

Wir haben im Landkreis ein vorbildliches Netz an beruflichen Schulen und zusammen mit dem Hochschulcampus in Tuttlingen und der Hochschule in Trossingen eine Infrastruktur an Bildungseinrichtungen um die uns viele Landkreise zu Recht beneiden. Auch im Hinblick auf die Diskussion um die Hochschule in Trossingen gilt, es ist der vollkommen falsche Weg Bildungseinrichtungen in den Ballungsräumen zu konzentrieren. Wir brauchen in unserem Land starke Hochschulen auf dem Land und wir brauchen in unserem Land starke Berufsschulen in den Landkreisen.

Auch wenn die gute Qualität der Arbeit an unseren Berufsschulen durch negative Schlagzeilen über Pfusch am Bau überdeckt wird, müssen wir auch weiterhin viel Kraft und Überzeugungsarbeit gegenüber dem Land und vor allem weiter Geld in die Hand nehmen um mit unseren Berufsschulen unseren jungen Menschen gute Zukunftsperspektiven zu ermöglichen. Dazu gehört auch der Neubau einer Kreissporthalle in Tuttlingen, zu der wir uneingeschränkt stehen.
Mit der Neustrukturierung unseres Klinikums haben wir die Existenz und die Zukunftsfähigkeit unserer beiden Standorte in Tuttlingen und Spaichingen erst einmal gesichert. Wir sind hierbei Landrat Stefan Bär dankbar dafür, dass er diese Herkulesaufgabe gleich als erste Herausforderung bei seinem Amtsantritt initiiert und auf den Weg gebracht hat.

Die theoretische Festlegung in einem Strukturgutachten und die praktische Umsetzung sind zwei Paar Stiefel. Da stecken wir erst am Anfang. Es ist daher auch klar, dass die Reformen noch nicht greifen können, was sich auch an dem Defizit des Klinikhaushalts zeigt. Aber sie müssen greifen, wenn die strukturellen Maßnahmen in 2014 und 2015 umgesetzt sind und daran wird die FWV-Fraktion dieses Gutachten dann auch messen. Der Kreistag hat die dazu notwendigen Investitionen der kommenden Jahre beschlossen. Zu diesen bekennen zumindest wir uns als FWV-Fraktion nicht nur theoretisch ausdrücklich sondern auch was die solide Finanzierung dieser Investitionen angeht. Theoretisch für den Erhalt eines Klinikums an zwei Standorten in öffentlicher Trägerschaft zu sein ist das eine – dazu gehört weder Mut noch Vision, und das tut auch nicht weh. Dies aber dann auch mit finanzieller Unterstützung der Gemeinden durch die Kreisumlage zu tun ist dann aber die Nagelprobe, zu der die FWV-Fraktion steht, und zu dieser Nagelprobe gehört auch der Umgang mit dem Thema Kreisumlage.

Die Klinikreform fordert die Belegschaft in ganz besonderer Art und Weise. Die FWV-Fraktion weiß es zu schätzen, dass die Verantwortlichen, dass Ärzte und Pflegepersonal trotz vieler Mehrbelastungen und sicherlich auch manchen Zumutungen, diesen Schritt positiv und mit einer guten Aufbruchsstimmung, nicht nur begleiten, sondern aktiv mitgehen.

Wie im gesamten Bundesgebiet, so schieben wir auch im Landkreis einen Sanierungsstau vor uns her. Brücken, Straßen und Gebäudesanierungen werden den Haushalt des Landkreises in den kommenden Jahren in besonderer Weise belasten. Unterlassene Sanierungen kosten Geld und daher müssen wir Jahr für Jahr, so wie im Haushalt 2014 vorgesehen, eine Finanzierungsrate für Sanierungen bereit stellen. Auch das gibt es nicht zum Nulltarif.

Mit großer Sorge nehmen wir die jährlichen Steigerungsraten im Sozial- und Jugendetat zur Kenntnis. Es spricht zwar für die gute und wirtschaftliche Arbeit der Kreisverwaltung, dass wir im Vergleich zu den vergleichbaren Landkreisen gut dastehen, es beruhigt aber nicht.

Wie soll dies einmal aussehen, wenn es uns wirtschaftlich nicht so gut geht wie jetzt. Vielleicht sollten sich die politisch Verantwortlichen in Bund und Land einmal wieder den Satz von Ludwig Erhard zum Leitsatz ihres politischen Handelns machen, nämlich, dass alle Wohltaten des Staates zuerst verdient werden müssen. Und ich befürchte, dass im Koalitionsvertrag in Berlin wieder viele Leistungsversprechen im Köcher sind, die wir nicht finanzieren können und die auch auf die Landkreise zurück fallen. Da nützt dann auch die Aufgabenteilung nichts – unten im Kreistag gegen höhere Soziallasten wettern und nebenan in den Parteizentralen höhere Ausgaben produzieren.

Wir anerkennen aber auch ausdrücklich dass sich erstmals ein Koalitionspapier ausführlich mit der Zukunft und der Finanzierung der Kommunen beschäftigt, und dass es dabei durchaus auch positive Ansätze gibt.

Der Landkreis wirtschaftet schwäbisch sparsam und nachhaltig. Wer sich nicht künstlich blind stellt, wird dies bei den Vergleichen mit anderen Landkreisen durchaus wahrnehmen, nur sollte man da halt nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Wer kein Freilichtmuseum oder kein eigenes Klinikum, wer keinen Ringzug oder keine Hochschulen hat, der hat natürlich auch diese Aufgaben nicht zu finanzieren.

Der Sparwille kommt auch im Personalbereich zum Ausdruck und dennoch muss selbstverständlich jede neue Aufgabe und jede neue Stelle kritisch hinterfragt werden. Das haben wir gemacht und das wird unsere Fraktion auch weiterhin fair und offen, ohne ideologische Scheuklappen so handhaben.

Wir haben da kein Mißtrauen sondern Vertrauen in die Arbeit der Bediensteten der Kreisverwaltung, in Landrat, Dezernenten und Kreiskämmerer.

Wir unterscheiden sehr wohl zwischen freiwilligen Aufgaben, und da muss sich manche Fraktion eben auch einmal kritisch hinterfragen was alles von ihr an zusätzlichen Aufgaben vom Landkreis abverlangt wird, und staatlichen Pflichtaufgaben.

Wenn es uns nicht gelingt die gesetzlichen Aufgaben vor Ort mit dem entsprechenden Personal zu erledigen dann brauchen wir uns nicht wundern, wenn das Land nur darauf wartet, etwa Naturschutz oder Wasserrecht von unten auf die Regierungspräsidien zu verlagern. Ob es dann besser wird wagen wir zu bezweifeln. Wir würden uns da schon auch bei aller Kritik und bei allem berechtigten Nachfassen einmal mehr politisches Feingefühl und Realitätssinn wünschen.

Man muss aber angesichts mancher Anträge der CDU-Kreistagsfraktion auch einmal kritisch hinterfragen – ist eigentlich der Landkreis für alles zuständig und binden nicht laufend neu geforderte Koordinationsaufgaben und Konzepte am Ende nicht Personal, welches an anderer Stelle durchaus effektiv eingesetzt werden könnte. So soll der Landkreis beispielswiese allein beim neuesten Antrag zur Seniorenarbeit 6 Koordinierungsaufgaben bzw. Konzeptionen erarbeiten – Aufgaben für die jede Gemeinde vor Ort eigenverantwortlich zuständig ist. Vielleicht sollte man gelegentlich der kommunalen Selbstverwaltung vor Ort wieder mehr Vertrauen und Eigeninitiative zutrauen. Wir fordern hier die Kreisverwaltung auf, künftig bei solchen Anträgen zur Beratung im Kreistag die zu erwartenden Kosten und den Personaleinsatz sowie einen entsprechenden Deckungsvorschlag des Antragstellers zu benennen.

Landrat Stefan Bär hat seine Haushaltsrede unter die Überschrift Mut und Verantwortung gestellt.

Mit Antrag vom 31.10. dieses Jahres haben wir den Antrag gestellt, die Kreisumlage anstelle von 0,75% um 1,0% zu erhöhen. Wir haben diesen Antrag ausführlich begründet. Dieses Angebot einer soliden und vernünftigen Finanzierung der vor uns liegenden großen Investitionen, etwa im Klinikbereich mit 17 Mio bis 2017 oder bei der Kreissporthalle, erfordert Mut und ohne Zweifel auch Weitblick. Die Frage der Höhe der Kreisumlage ist für uns kein Dogma sondern ein Diskussionsangebot. Nachdem sich im Vorfeld Verbesserungen im Haushalt andeuten und sich eine breite Mehrheit für den Verwaltungsvorschlag abzeichnet, sind wir gerne bereit diesen Verwaltungsvorschlag mit zu tragen.

Dazu brauchen wir aber keine Beleidigungen und Polemik von der CDU-Nachwuchsorganisation und ihren politschen Hoffnungsträgern, sondern einen Konsens der für die Kreispolitik Verantwortlichen, und dies sind nun einmal der Kreistag mit Landrat und Kreisverwaltung.
Aber wir bescheinigen dem Vorsitzenden der Jungen Union und vor allem seinen Beratern, von denen er sich vor den Karren spannen lässt, durchaus Mut, nämlich Mut sich zu solcher Dummheit und einem solchen Politikstil auch noch öffentlich in einem Zeitungsartikel zu outen. Wenn das die Zukunft der CDU ist, dann habe ich es wie Heinrich Heine in seinen Nachtgedanken:

Denk ich an Deutschland in der Nacht,
Dann bin ich um den Schlaf gebracht,
Ich kann nicht mehr die Augen schließen,
Und meine heißen Tränen fließen.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei Landrat und Kämmerer für den offenen Umgang mit den Zahlen, sowohl was den zu erwartenden Fehlbetrag mit ca. 1 Mio Euro aus diesem Jahr, wie auch eventuelle Verbesserungen von ca. ½ Mio Euro im kommenden Jahr angeht. Dieser offene und ehrliche Umgang mit der finanziellen Entwicklung im Landkreis –gehört zu einem fairen und vertrauensvollen Umgang von Landrat, Kämmerer und Verwaltung mit diesem Kreistag. Dafür herzlichen Dank.

Die Fraktion der Freien Wähler wird dem Haushalt zustimmen. Ich möchte diese Zustimmung zum Haushalt dazu nutzen, mich im Namen der Fraktion der Freien Wähler für die gute, engagierte und draußen in der Bevölkerung anerkannte Arbeit unseres Landrats zu bedanken. Wir möchten uns gleichermaßen für die engagierte Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landkreises bedanken. Und wir tun dies offen und ehrlich, weil wir um das große Spannungsfeld etwa im Bereich der Jugendhilfe, Jobcenter, Klinikum oder Sozialamt wissen. Dank sagen wir dem Ersten Landesbeamten Herrn Helbig, Kreiskämmerer Bernhard, unseren beiden Klinikdezernenten sowie den Dezernenten der Landkreisverwaltung.

Wir bedanken uns bei den Kolleginnen und Kollegen der Kreistagsfraktionen für das menschlich korrekte Miteinander und für die gemeinsam getragene Verantwortung für unseren Landkreis und das Wohl seiner Einwohner. Dies eint uns auch bei unterschiedlichen Vorstellungen und Ideen, und dies ist die große Stärke dieses Kreistags.
Herzlichen Dank.

gez. Rudolf Wuhrer
FW- Fraktionsvorsitzender
Kreistagsfraktion