Haushaltsrede 2004

Im Haushalt 2004 kommt die derzeitige gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Krise der öffentlichen Haushalte voll zum Ausdruck. Die Spielräume sind enger geworden. Die Lage ist schwieriger, aber nicht hoffnungslos. Der Haushalt enthält neben manchen Problemen und Sorgen auch gute Seiten.

Eine bedenkliche Entwicklung sehen wir vor allem in den Soziallasten. Mit 38 Mio € haben wir eine neue Rekordzahl erreicht. Wir wenden 8 Mio € mehr für den sozialen Bereich auf als vor 10 Jahren. Die Umlage an den Wohlfahrtsverband stellt mit jetzt fast 14 Mio € zwar den Löwenanteil dar. Sie hat sich aber im Vergleich zu dem restlichen Sozialetat eher moderat entwickelt. Erschreckender ist vielmehr, daß wir im übrigen Bereich 27 % oder 5 Mio € höhere Ausgaben haben als noch vor 10 Jahren.

Die Ursachen dafür sind weitgehend fremdbestimmt. Grundsicherung, Unterbringungskosten für Aussiedler und Asylbewrber oder ganz aktuell Unterhaltsvorschuß sind Beispiele dafür, wie Bund und Land Lasten nach unten verlagern und sich auf unsere Kosten schadlos halten.

Es ist frustrierend, wenn sich Kreistag und Ausschüsse um Einsparungen bemühen, tatsächlich auch Kürzungen und Streichungen vornehmen, die dann deshalb alle für die Katz sind, weil das Land mit einem Federstrich beispielsweise durch die Änderung beim Unterhaltsvorschuß gerade mal schnell 200.000 € auf den Landkreis abdrückt.

Diese Abwälzung von Kosten sorgt nicht nur für neue Belastungen sondern stellt uns auch neue Aufgaben. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen haben wir in den letzten Jahren einen guten Standard geschaffen, der vor allem auch dem sozialen Frieden in den Unterkünften diente und manche Probleme im Alltag löste. Es ist sehr zu begrüßen, daß Sie H. Landrat sich in einem Vorstoß an das Land gewandt und um eine Überprüfung der angekündigten Pauschalierung gebeten haben. Uns fehlt allerdings der Glaube, daß dies zu einer Änderung führen wird.

Die Neuregelung kostet den Kreis in diesem Jahr 540.000 € mehr. Wir können diese Belastung nicht dauerhaft tragen. Wir bitten deshalb die Verwaltung, unser bisheriges Unterbringungskonzept zu überdenken und vor allem Überlegungen anzustellen, wie diese Belastungen aufgefangen werden können. Ein entsprechender Bericht sollte dem Kreistag und dem zuständigen Ausschuß bis Jahresmitte vorgelegt werden.

Aus dem Prüfbericht der GPA, den wir später noch beraten werden, wird deutlich, daß wir Rückstände in der Verfolgung von Ansprüchen haben. Einer vor kurzem veröffentlichten Übersicht in der Stuttgarter Zeitung war zu entnehmen, daß der Kreis bei der Rückforderung von Unterhaltsvorschüssen im Vergleich zu anderen nicht besonders gut dasteht. Durch die Neuregelung werden sich die Außenstände noch vergrößern.

Wir haben vor einigen Jahren eine Stelle geschaffen, die sich gerade dieser Aufgabe widmen sollte. Wir verkennen nicht, daß dies ein schwieriges Geschäft ist. Dennoch bitten wir Sie, diese Anstrengungen zu forcieren und zu gegebener Zeit einen Zwischenbericht abzugeben. Schließlich entziehen sich die Unterhaltspflichtigen auf Kosten der Allgemeinheit ihrer Verantwortung.

Wir wollen aber auch die positiven Seiten erwähnen. In erster Linie möchten wir die Verwaltung dafür loben, daß sie Sparwillen bewiesen und bereits von sich aus in fast allen Bereichen Kürzungen vorgenommen hat. Dies mag in manchen Fällen schmerzhaft sein, ist aber aufgrund der Gesamtsituation geboten.

Das Sparen im eigenen Haus macht es auch etwas leichter, die notwendigen Kürzungen bei verschiedenen sozialen und ehrenamtlichen Einrichtungen zu vertreten. Sie sind unseres Erachtens mit Augenmaß erfolgt und deshalb auch vertretbar.

Noch offen ist die Höhe des Zuschusses für die Psychologische Beratungsstelle. Die Freien Wähler sprechen sich dafür aus, die Beratung im heutigen Umfang also auch mit der Nebenstelle in Spaichingen für das Jahr 2004 beizubehalten. Als niederschwelliges Angebot handelt es sich um ein frühes Auffangnetz, so daß die zusätzlichen Gelder gut angelegt sind.

Weiter positiv ist unsere ungebrochene Investitionsbereitschaft. Mit knapp 10 Mio € für eigene Baumaßnahmen und weiteren 3 Mio an Investitionszuschüsse zeigen wir ein vorbildliches antizyklisches Verhalten und sorgen für dringend notwendige Impulse für die örtliche Wirtschaft.

Wir investieren auch in die richtigen Bereiche. Schulen und Altenpflegeplätze sind Aufgaben, denen sich der Kreis gerade zur Sicherung der zukünftigen Infrastruktur stellen muß. Wir haben die einzelnen Maßnahmen bei den Vorberatungen mitgetragen, so daß ich heute nicht im Einzelnen nochmals darauf eingehen möchte.

Die Fülle der Investitionen ist nicht ohne Neuverschuldung machbar. Dies war uns allen von Anfang an bewußt. Die zusätzlichen neuen Kredite von 5,2 Mio € sind aber gerade angesichts der damit geschaffenen Gegenwerte vertretbar. Auch die Höhe unserer Gesamtverschuldung ist im Hinblick auf die damit verbundenen Belastungen noch verträglich.

Bei den Kreiskliniken ist für uns wichtig, daß die laufenden Baumaßnahmen in beiden Häusern zu einem baldigen Abschluß kommen. Im übrigen müssen wir die Auswirkungen der Neustrukturierung abwarten. Wir dürfen vor allem nicht den Fehler machen, uns auf diesem ersten Schritt auszuruhen sondern müssen uns weiter Gedanken um eine Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit machen. Die Konkurrenz schläft nicht.

Der ursprüngliche Hebesatz für die Kreisumlage hätte viele Gemeinden vor große Probleme gestellt. Deshalb hatten wir erklärt, daß der Hebesatz deutlich unter 30 % liegen sollte. Wir sind sehr erfreut darüber, daß Sie Herr Landrat von sich aus schon eine Reduzierung auf 29,75 vorgeschlagen haben. Wir wissen, daß dies eine Gratwanderung ist und daß damit auch Risiken verbunden sind.

Wir halten Ihren Vorschlag für eine faire Geste, in der vor allem auch die Partnerschaft mit den Kreisgemeinden zum Ausdruck kommt. Wir sehen darin auch die Bereitschaft, die Lasten miteinander zu tragen.

Die Freien Wähler werden diesen Weg mitgehen. Wir bekennen uns auch zu den Risiken, die der Haushalt enthält. Wir erklären deshalb auch heute schon die Bereitschaft, ggf. im Laufe des Jahres zu reagieren, wenn sich diese Risiken zuspitzen sollten.

Die Fraktion der Freien Wähler wird dem vorgelegten Haushalt zustimmen.