Haushaltsrede 2006

Die Verabschiedung eines Haushalts ist das Königsrecht eines Parlaments. Nach der Trauerfeier heute Mittag fällt das Ritual der Haushaltsreden in diesem Jahr allerdings schwer. Wir möchten uns deshalb nur auf einige wenige Anmerkungen beschränken. Dies fällt auch deshalb leicht, weil der vorliegende Haushalt keine strittigen Themen enthält und die Vorberatungen größtenteils sehr harmonisch und in den meisten Fragen in großer Einmütigkeit verliefen. Und seien wir ehrlich: angesichts der finanziellen Zwänge haben wir ohnehin keine Spielräume und Felder auf denen wir uns austoben könnten.

Der Haushalt 2006 hat durchaus einige lobende Worte verdient. Die Ausgangssituation war eigentlich nicht schlecht. Noch nie war die Leistungskraft unserer Gemeinden und daraus resultierend die Steuerkraft so hoch: 109,3 Mio €, das ist wahrlich eine Rekordzahl. Bei gleich bleibendem Kreisumlagehebesatz ergibt sich ein Kreisumlageaufkommen von 36,3 Mio €. Auch das ist ein absoluter Spitzenwert, um in der Sprache der gerade laufenden Olympiade zu sprechen ein olympischer Rekord. Da müsste man meinen, dass das locker für eine Goldmedaille reichen müsste.

Weit gefehlt. Am Ende des Verwaltungshaushaltes steht eine Zuführung, die gerade einmal die Tilgungsleistungen abdeckt. Wie im letzten Jahr ist es uns nicht gelungen, einen kleinen Anteil zur Finanzierung unserer Investitionen zu erwirtschaften. Da sind wir weit entfernt von den Medaillenrängen. Wie kann das sein?

Die Antwort für unsere Misere liegt in zwei Zahlen. Unsere Rekordeinnahmen decken gerade einmal 92 % unseres Sozialaufwands. 39,5 Mio € für soziale Leistungen ist zwar erfreulicherweise etwas weniger als im Vorjahr aber immer noch eine stolze, besser: eine erschreckende Zahl. Heruntergebrochen auf die Einwohner wird es noch deutlicher: wir geben im Jahr pro Einwohner 293 € für soziale Aufwendungen aus.

So erfreulich es ist, dass wir dank einer kompetenten, engagierten und vor allem sehr innovativen Mannschaft auf dem Landratsamt und mit vielen kreativen, erfolgreichen und auch landesweit beachteten Modellen unsere Situation noch einigermaßen im Griff haben. Wir doktern immer nur an den Symptomen herum und müssten doch eigentlich an den Ursachen ansetzen.

Nur entziehen sich diese Ursachen unserer Zuständigkeit. Der Anstieg unserer Soziallasten in den letzten Jahren ist neben der Staatsverschuldung das größte finanz- und gesellschaftspolitische Problem, das wir in Deutschland haben. Es hat viele Faktoren: hohe Arbeitslosigkeit, eine immer weiter steigende Zahl von Behinderten, die zugleich immer älter und pflegebedürftiger werden, der gesellschaftliche Verfall vieler Familien mit den damit verbundenen Auswirkungen auf die Jugendhilfe, um nur einige zu nennen. Wir als Kreispolitiker können an diesen Ursachen kaum etwas ändern. Wir können aber immer wieder und auch heute an die Politik in Bund und Land appellieren, dass sie sich diesen zugegeben nicht einfachen Aufgaben stellt, dass sie die Lebenswirklichkeiten vieler Menschen ernst nimmt und sich um Lösungen bemüht, dass sie die Probleme klar benennt und anpackt und dass sie vor allem auch den Mut zu unbequemen Entscheidungen hat. Dass sie vor allem aber auch ein Ziel, eine Perspektive formuliert, wohin uns dieser Weg führen wird und somit auch Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsaufschwung schafft, den wir alle brauchen.

Doch zurück zu den positiven Seiten des Haushaltes.

Es ist vielleicht verfrüht, bei dem minimalen Rückgang des Sozialetats schon von einer Trendwende zu sprechen. Es zeigt aber dennoch, dass viele unserer Maßnahmen greifen, dass vor allem unsere Grundsätze „ambulant statt stationär“ und „dezentral statt zentral“ Früchte tragen. Auch der Mut zu Übernahme von Hartz IV hat sich ausgezahlt.

Der Vermögenshaushalt ist im Vergleich zu den Vorjahren ein absoluter Sparhaushalt. 8,4 Mio Volumen ist so viel wie zuletzt 1985. Auch wenn wir uns angesichts der Gesamtlage eine kleine Verschnaufpause gönnen: mit 3,2 Mio eigene Baumaßnahmen und immerhin auch fast einer Million an Investitionszuschüssen für Maßnahmen Dritter geben wir doch auch einige Impulse, von der hoffentlich auch die regionale Bauwirtschaft profitieren wird.

Im letzten Jahr hatten wir in unserer Haushaltsrede darum gebeten, sich stärker dem Thema Schulen und Bildung zu widmen. Wir sind sehr dankbar dafür, dass Sie Herr Landrat diese Anregung aufgegriffen haben und daraus die Bildungsoffensive entstanden ist. Die ersten Ansätze sind sehr positiv. Wir halten auch die vorgesehene Schulentwicklungsplanung für sinnvoll, um uns frühzeitig mit den vor uns liegenden Herausforderungen zu befassen und darauf die richtigen Antworten geben zu können.

Wir freuen uns sehr darüber, dass Sie Herr Landrat in Sachen Kreisumlage Wort gehalten haben. Der vor uns liegende Plan enthält durchaus auch einige Risiken. Es wäre deshalb ein Leichtes gewesen, eine Anhebung des Hebesatzes vorzuschlagen. Sie haben dies nicht getan, weil Sie vor allem auch die Situation in vielen Kreisgemeinden sehen, die selbst mit ihrem Haushaltsausgleich zu kämpfen haben. Dies stärkt die Glaubwürdigkeit und schafft vor allem auch Vertrauen. Vertrauen, das sich in künftigen Jahren auszahlen wird.

Noch zwei Sätze zu den Kreiskliniken. Wir freuen uns, dass unsere beiden Häuser mit ihren Wirtschaftsplänen wieder positive Schlagzeilen machen. Die Zahlen sind gut, wir sind auf einem guten Weg. Danken möchten wir an dieser Stelle auch noch einmal für das wirklich vorbildliche Krisenmanagement, das die Führungsspitze in den letzten Wochen gezeigt hat.

Wir haben anfangs angesprochen, dass der Kreis in vielen Dingen von Bund und Land abhängt. Wir brauchen deshalb auch gute Fürsprecher, die unsere Interessen in Stuttgart mit dem notwendigen Nachdruck und an der richtigen Stelle vertreten. Wir müssen hier im Ländlichen Raum sehr aufpassen, wohin der Zug geht und dass die Ballungszentren uns nicht die Butter vom Brot nehmen. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich die Kandidatur unseres Landrates zum Landtag und wünschen Ihnen ein gutes Ergebnis. In der Vergangenheit ist der Landkreis gut damit gefahren, dass wir mehrere Abgeordnete stellen konnten. An Helfern kann man nie genug haben. Insofern hoffen wir, dass dies auch zukünftig so sein wird.

Wir bedanken uns bei Ihnen Herr Bernhard, Herr Weber, Herr Fricker und ihren Mitarbeitern für die viele Arbeit mit dem vorliegenden Zahlenwerk und ihre Unterstützung im Vorfeld.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem Haushaltsplan 2006 zu.