Freie Wähler stimmen Kreishaushalt 2009 zu – Einstieg in Förderung der Grundschulsozialarbeit abgelehnt

Ein noch zufriedenstellender Haushalt 2009 aber düstere Aussichten für die kommenden Jahre – so lautete das Fazit von Fraktionsvorsitzender Stefan Bär in seiner Haushaltsrede. Angesichts der schlechten Prognose sollte man sich vor der Übernahme neuer freiwilliger Ausgaben zurückhalten. Dementsprechend stimmte die Fraktion der Freien Wähler geschlossen gegen den Antrag der CDU-Fraktion, die bei der Stadt Tuttlingen anlaufende Sozialarbeit an Grundschulen als Modellprojekt für den Kreis mit einem Drittel der anfallenden Personalkosten zu fördern. Eine kuriose Begründung, hatte doch OB Beck in der Sitzung darauf hingewiesen , dass das Vorhaben gerade kein Modell sein möchte sondern auf Dauer angelegt sei. Beschlossen wurde der Zuschuss trotzdem.

Die vollständige Haushaltsrede finden Sie hier ….


Ich möchte unsere Haushaltsrede in zwei Blöcke teilen: zum einen in den aktuellen Haushalt 2009, zum anderen in die darauffolgenden Jahre. Dies deshalb, weil sich bei der Betrachtung deutliche Unterschiede in der Bewertung ergeben.

Der Haushalt 2009 ist nicht nur erfreulich, er ist vor allem in schwierigen Zeiten ein Zeichen der Stärke und der Leistungsfähigkeit dieses Kreises und seiner Gemeinden. Ein Haushalt, der Mut zum Ausdruck bringt und damit auch einen Gegenpol setzt zu der derzeit in weiten Teilen vorherrschenden Tristesse. Investitionen in einer Größenordnung von 15 Mio €, über die Hälfte davon in die Bildung und damit in unsere jungen Menschen, das ist nicht nur eine stolze Zahl sondern das soll uns erst einmal ein Landkreis in unserer Größe nachmachen. Das ist so noch nie da gewesen und – die Prognose sei gewagt – das wird so schnell auch nicht mehr kommen. Mein Vorredner hat die Projekte im Einzelnen genannt, ich erspare uns die Wiederholungen. Betonen möchte ich aber, dass alle Projekte in großer Einmütigkeit von allen Fraktionen mitgetragen werden.

Auch ein Landkreis mit der Steuerkraft wie unserer kann ein solches Programm nicht alleine schultern. Der Plan sieht eine Kreditaufnahme von 8,7 Mio € vor. Eine Zahl, über die man früher erschrocken wäre, die sich heute aber im Vergleich zu den Milliarden an Rettungsschirmen, Bürgschaften und Konjunktuprogrammen in Bund und Land wie die sprichwörtlichen Peanuts ausnehmen. Das klingt ja fast schon seriös! Dennoch möchten wir diese Neuverschuldung nicht ins Lächerliche ziehen oder verniedlichen. Bei der Summe der Investitionen ist sie nicht schön, aber vertretbar.

Auch wenn bisher die positiven Seiten überwogen haben. Der Haushalt 2009 hat auch seine Schattenseiten, die nachdenklich stimmen.

Die Soziallasten gehen weiter stetig nach oben, keine Umkehr oder soll man sagen kein Land in Sicht? Wir sind zwar gut im Vergleich mit anderen, die vor den gleichen Problemen stehen, doch das ändert nichts an der Tendenz. Wir müssen uns in die Einsicht fügen, dass realistischerweise auch in Zukunft mit steigenden Belastungen zu rechnen sein wird. Dies gilt umso mehr, wenn im Zuge der Wirtschaftskrise die Beschäftigung abnimmt. Das wird sich mit Verzögerung auf die Soziallasten auswirken.

Auch die Höhe der Verschuldung ist auf ein Niveau gestiegen, wo wir uns Sorgen machen müssen. Wenn wir uns Spielräume für die Zukunft offen halten wollen müssen wir davon wieder runter kommen, sonst laufen wir Gefahr, dass der Schuldendienst eine zu dominante Rolle einnimmt und kein Geld für andere Sachen übrig bleibt. Wir müssen deshalb den Spagat zwischen unabweisbaren Investitionen und dem notwendigen Schuldenabbau bewältigen. Eine Einschränkung möchten wir bereits heute machen. Wenn uns die geplanten Konjunkturprogramme von Bund und Land die Chance bieten, ohnehin anstehende Investitionen vorzuziehen und mitfinanziert zu bekommen, dann müssen wir diese Gelegenheit beim Schopf ergreifen. Danach muss aber die Reduzierung der Verschuldung Vorrang genießen.

Und schließlich beinhaltet auch der Haushalt 2009 bereits eine gewisse Unsicherheit darüber, wie sich die Finanz- und Wirtschaftkrise auswirken wird. Die Kreisumlage ist zwar gesichert, die wird eher den Gemeindehaushalten Probleme bereiten. Der zu erwartende Rückgang bei der Einkommenssteuer wird über die Schlüsselzuweisungen aber auch den Kreis treffen. Insofern werden wir vermutlich froh sein müssen, wenn wir am Jahresende die Planzahlen erreicht haben werden.

Dennoch bleibt für den Haushalt 2009 das Fazit, dass wir mit ihm zufrieden sein dürfen. Vermutlich würden wir in den nächsten Jahren froh sein, wenn wir solche Zahlen hätten.

Eine Haushaltsrede wäre unvollständig, wenn die Kreiskliniken mit keinem Wort erwähnt würden. Wir möchten dies in diesem Jahr kurz halten. Über die Kliniken ist in den letzten Monaten schon viel, manche meinen auch zu viel geschrieben und gesprochen worden. Natürlich ist die Kliniklandschaft schwieriger geworden, was sich auch an den Zahlen zeigt. Die Freien Wähler stehen zu unseren Kliniken, auch wenn wir dieses Jahr erstmals aus dem Kreishaushalt Beträge für den laufenden Betrieb zuschießen müssen. Wir sind überzeugt, dass alle Beschäftigten gute Arbeit leisten und unter schwierigen Bedingungen ihr Bestes geben. Mit den Runderneuerung der Chefarztebene sind wir gut aufgestellt, die geplanten Maßnahmen speziell in Tuttlingen werden zu einer Stärkung des dortigen Hauses beitragen. Lassen wir die Leute in Ruhe ihre Arbeit machen, dann werden sich die gewünschten Erfolge einstellen.
Damit komme ich zum zweiten Teil, dem Ausblick auf die Zukunft, die lässt für die nächsten Jahre nichts gutes erwarten.

Der massive Rückgang bei der Steuerkraft wird zwar zunächst die Kreisgemeinden treffen, spätestens aber 2011 wird er den Kreis mit aller Wucht einholen. Das Aufkommen der Kreisumlage wird spürbar zurückgehen. Andererseits ist eine Zunahme der Soziallasten absehbar. Damit stellt sich die Frage, wie diese Lücke geschlossen werden soll.

Was heißt das für uns als Kreisräte, welche Schlüsse sollten wir vielleicht schon heute daraus ziehen?

Wir waren angesichts der guten Jahre zuletzt sehr großzügig. Rund 1,2 Mio € geben wir jedes Jahr für Freiwilligkeitsleistungen aus. Hier ein Projekt, da ein Zuschuss, dort eine Förderung: das waren von der Sache her immer gute, sinnvolle, unterstützenswerte Maßnahmen oder Ideen. Aber waren es auch tatsächlich Kreisaufgaben?

Wir werden künftig nicht mehr alles, auch gutes leisten können. Diese Ehrlichkeit vor sich selber sollte jeder haben. Es macht auch keinen Sinn, von Fall zu Fall zu entscheiden oder gar davon abhängig zu machen, wer einen Antrag stellt oder welcher Einrichtung er zugute kommen soll. Wir brauchen eine klare Linie und wir brauchen eine Diskussion darüber, wo die Aufgaben des Kreises anfangen und wo sie enden.

Die Antwort darauf ist eigentlich einfach. Der Kreis ist immer dann gefragt, wenn es sich um eine überörtliche Aufgabe handelt oder wenn es um Bereiche geht, die auf örtlicher Ebene nicht zu lösen sind. Was aber in den Gemeinden geleistet werden kann gehört dort auch erledigt. Da hat der Kreis nichts zu suchen. Wir müssen deshalb künftig auch wieder den Mut haben Nein zu sagen, selbst dann wenn es eigentlich um Dinge handelt, die Unterstützung verdient hätten. Und wir sollten uns mit der Übernahme neuer Aufgaben seht zurückhalten.

Noch eine zweite Anregung zu den Soziallasten. Wir werden weder die Leistungsgesetze von Bund oder Land oder gar die demographische Entwicklung ändern können. Aber über einen Punkt sollten wir einmal in Ruhe nachdenken:

Wir haben in den vergangenen Jahren viele Projekte angestossen und umgesetzt, viele davon aus präventiven Gründen heraus in der Hoffnung, dass sich dadurch später auch Einsparungen ergeben könnten. Es dürfte wahrscheinlich sehr schwer sein, anhand konkreter Zahlen eine Nachbetrachtung anzustellen und zu bewerten, ob die Erwartungen tatsächlich eingetroffen sind. Wir sollten uns aber fragen, wie nachhaltig diese Angebote eigentlich sind und ob sie noch an der richtigen Stelle ansetzen.

Dabei geht es uns primär nicht von vornherein um die große Kostenbremse sondern um die Frage, ob es noch Sinn macht an den bisherigen Regelungen festzuhalten oder evtl. andere Feinjustierungen oder andere Ansätze nicht vielleicht sogar effektiver sein könnten. Wir möchten damit nicht alles generell schlecht reden oder abschaffen. Uns geht es zum einen um eine Optimierung, zum anderen aber auch um eine ergebnisoffene Prüfung, ggf. auch mit der Konsequenz Angebote auch wieder einzustellen, wenn sie sich überholt oder die Erwartungen nicht erfüllt haben.

Wir bitten deshalb die Verwaltung darüber, eine solche Bewertung anzustellen und die Ergebnisse im SKA zur Diskussion vorzustellen.

Zum Schluss bedanken wir uns bei Herrn Kreiskämmerer Bernhard und Herrn Klinikdezernent Fricker mit ihren Mitarbeiten für die viele Arbeit im Vorfeld und die gut vorbereiteten Vorberatungen in den Ausschüssen.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem Haushalt 2009 zu.